Netzanalyse - Teil 2 - Google vs. Facebook

Montag, April 05, 2010 / von Danielson /

Nachdem wir uns im ersten Teil die Entwicklung der Giganten Apple und Microsoft angeschaut haben, kommen wir nun zum zweiten Teil der Netzanalyse, dem sich anbahnenden Duell von Google und Facebook. Auf den ersten Blick steht hier eine Suchmaschine gegen ein Soziales Netzwerk, was also macht die beiden zu Konkurrenten ? Da kein Unternehmen ausschließlich aus Nächstenliebe handelt, lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf den Sinn und Zweck der jeweiligen Tätigkeiten - somit wird sehr schnell klar wo die kritischen Schnittstellen und Brennpunkte der zwei Kontrahenten liegen (werden).
Google
Oder: Wie eine innovative Idee den Markt umkrempelt. Unternehmen wie "Lycos", "AltaVista", "Yahoo" spielen Jahr für Jahr eine immer kleinere (oder gar keine) Rolle mehr, wenn es darum geht, eine Information im Internet zu finden. Wie kam es dazu ? Was hat Google groß gemacht ? Meiner Meinung nach liegt dies zum einen in der Idee begründet, die Inhalte des Internets nach Popularität zu sortieren - mithilfe eines Algorithmus.
Die Technologie. Bis Ende der 90er musste sich der Inhaber einer Website bei den Suchmaschinen anmelden - er ging also auf unzählige Suchmaschinenseiten und füllte dort seitenlange Formulare aus. Bei Google ist dies jedoch unnötig. Der Google Bot, ein Suchroboter, klappert die im Netz vorhandenen Seiten von alleine ab, scannt die Webserver und sucht dabei nach Schlüsselwörtern und Suchbegriffen. Findet der GoogleBot einen Link auf einen anderen Webserver, wird dieser ebenfalls gescannt. Dabei gibt es zwei wesentliche Kriterien für die Einordnung der gefundenen Webseiten:
- Wie oft ist eine Seite von anderen Seiten verlinkt ?
- Wie hoch ist die Popularität der Seite die den Link beinhaltet ?
Somit basiert das Suchergebnis nicht nur auf der Popularität der jeweiligen Seite, sondern auch auf der Populartität der Seiten die den Link setzen. Erstelle ich heute Nachmittag 100 Websites mit einem Link auf dieses Blog, wird sich an der Position in den Google Suchergebnissen herzlich wenig ändern. Denn diese Websiten sind zum einen nicht von anderen Seiten verlinkt und zum anderen haben sie keine Ernst zu nehmenden Besucherzahlen. Würden die Webseiten von Spiegel Online, Microsoft und Apple auf dieses Blog verweisen, so würde dies jedoch unweigerlich zu einer Top Platzierung bei Google führen. Diese Einstufung und das Verpacken der beiden oben genannten Kriterien in einen Algorhtimus ergibt den "Page Rank".
Die Einfachheit. Der PageRank ist nur ein Grund des großen Erfolges von Google. Ein weiterer ist die Einfachheit der Gestaltung. Schauen wir uns einmal die Startseite von WEB.de etwas genauer an:
Was sehen wir ? Informationen, Dienste und Werbung. Menüs, Rubriken, Videos, Bilder, ein Suchfeld (oha !), linkerhand nochmals Rubriken, Nachrichten, .... usw. Schauen wir uns jetzt die Seite von Google an:
Zentriert: Das Suchfeld. Die wichtigsten Optionen direkt darunter. Idiotensicher ! Wer nun argumentiert das Web. de keine reine Suchmaschine und somit mit Google nicht vergleichbar ist: Auch Google hat Elemente wie Email, Videos, Bücher, Werbung, Nachrichten, usw. im Angebot. Der feine Unterschied ist, dass Google diese Dienste in einer noch nie dagewesenen "simplicity" abbildet. Auf dem Google Screenshot ist zu sehen, das sich in einer einzigen, oben angedockten Zeile alle Dienste zusammfassen. Ohne Icons, ohne viel Farbe, ohne Bullshit.
Die Geschwindigkeit. Das schafft nicht nur Überblick sondern auch Geschwindigkeit. Damit sind wir beim dritten Erfolgspfeiler, Google präsentierte Ende der 90er eine Website, welche weitaus schneller geladen war als die der Konkurrenz. Auch die Suchergebnisse waren (sind) blitzschnell auf dem Schirm, im Vergleich zu Lycos sah das für mich damals wie ein Internet mit Steroiden aus. Wer sein Suchverhalten optimiert, sprich die richtigen Suchbegriffe eintippt, eventuell noch mit Satzzeichen wie " oder + erweitert, bekommt bei keinem anderen Suchanbieter ein ähnlich schnelles (und zutreffendes) Ergebnis
Die Kosten für den Nutzer. Es gibt keine Kosten für den Nutzer. Punkt.
Die Geldmaschine. Inzwischen hat Google einen Marktanteil von nahezu 90 % unter den Suchmaschinen. Doch was bringt diese enorme Zahl ? Besucher. Millionen von Menschen - mit Kaufkraft. Hier kommt die Geldmaschine von Google ins Spiel - Google AdWords, was nichts anderes ist wie Werbung. Kleine Anzeigen, wie wir es bereits aus Printmedien kennen, jedoch mit dem feinen Unterschied das hier Anzeigen geschaltet werden, die mit dem Suchbegriff des Nutzers "etwas zu tun haben". Suche ich via Google nach einem Händler mit günstigen Preisen für Sommerreifen, werden diese Ergebnisse mit Werbeanzeigen von Reifenhändler garniert. Auch hier spielt die Einfachheit eine große Rolle - keine blinkenden Popups, keine animierten Flash Videos - simpler Text mit wenigen farbigen Elementen. Jeder Dienst den Google anbietet, Mails, Videos, Bücher, Maps, .... , wird früher oder später mit AdWords kombiniert. So stellt Google seinen Umsatz sicher. Das Geld um neue Ideen und Technologien zu entwickeln, das Geld um kleine Entwicklerteams aufzukaufen, das Geld um die gigantische Rechenpower zu finanzieren und natürlich das Geld um den Speicherplatz für all diese Aktivitäten sicher zu stellen. All dieses Geld wird letztendlich durch AdWords in die Kassen gespült. Somit ist es überhaupt erst möglich neue Dienste, an denen sich so mancher Anbieter die Zähne ausgebissen hat, kostenlos ins Netz zu stellen. Sollte einer schneller sein als Google und ebenfalls kostenlos - beispielsweise YouTube - so wird dieser Konkurrent kurzerhand mit diesem Geld gekauft.
Abschließend versuche ich den Erfolg von Google verkürzt auszudrücken:
Suchalgorithmus + Einfachheit + Geschwindigkeit + Kostenlos = Nutzerzahlen
Nutzerzahlen + Maßgeschneiderte Werbung = Umsatz
Facebook
Nun haben wir festgestellt das der Umsatzgenerator von Google größtenteils auf den Nutzerzahlen basiert. Grundsätzlich kann man daraus folgern, dass nur ein Konkurrent mit ähnlich hohen Nutzerzahlen dem Platzhirsch Google wirkungsvoll Paroli bieten kann. Und da kommen wir zu Facebook. Das soziale Netzwerk hat inzwischen 325 Millionen Nutzer. Eine unvorstellbare Zahl. Was machen all diese Nutzer auf Facebook ? Was bietet Facebook überhaupt, wo liegt der Reiz in der Nutzung ? Vorweg eine Statistik von Nielsen:
Der Lautsprecher. Der Hauptgrund für viele die sich ein Profil bei Facebook zulegen, wird wohl die simple Kommunikation mit Freunden sein. Weitaus schneller und einfacher als eine Email - mit Bildern des letzten Wochenendes im Anhang - ist ein Facebook Fotoalbum angelegt. Ich lade also die Bilder hoch und packe diese in ein Album. Nun ist es für "Freunde", also mit meinem Profil vernetzten Nutzern, nicht nur möglich diese anzuschauen, sondern auch möglich diese zu kommentieren. Es ist möglich andere Facebook Nutzer auf diesen Bildern zu markieren. Aber vor allem ist es möglich dieses neu angelegte Album zu "promoten", sprich: Das Einstellen der Bilder, das Kommentieren, das Markieren der Nutzer auf den einzelnen Fotos - erscheint als Meldung auf den Profilseiten der Freunde. An diesem Beispiel ist das Prinzip von Facebook am schnellsten erklärt: Ich teile meine Aktivität anderen Leuten mit. Doch natürlich funktioniert das nicht nur mit Bildern...
Der Freundeskreis. Mein aktueller Status "was tust du gerade" wird ebenso auf die Profilseiten meiner "Freunde" hinausposaunt wie einen Link den ich gerne teilen möchte. Oder sogenannte "Geschenke". Das sind kleine Icons und Symbole, gestaltet von der ehemaligen Apple Designerin Susan Kare, welche meine Zuneigung, Wünsche, etc. für den jeweiligen Freund ausdrücken. Ein Marktplatz, mit dessen Hilfe ich Gegenstände kaufen/verkaufen kann, Gruppen und Fan Netzwerke, welche ein Treffpunkt für gleichgesinnte Interessen darstellt und natürlich ein Chat, welcher zur Echtzeitkommunikation dient, sind weitere Angebote die offensichtlich Millionen von Internetnutzern dazu bewegen Ihren halben Tag mit der Nutzung von Facebook zu verbringen. Die Liste der von Facebook gegebenen Reize ist noch länger, ein informativer Artikel über die Facebook Dienste ist bei Wiki online.
Das Spielfeld. Wir haben also ein Portal mit 325 Milllionen Nutzern, welche sich, einmal bei Facebook eingeloggt, mehr oder weniger in Ihrem Freundeskreis bewegen. In Ihrem "Freundeskreis" lassen die Nutzer buchstäblich die Hüllen fallen, geben Informationen Preis die sie sonst nicht unbedingt so detailiert und korrekt preisgeben würden. Was lese ich gerne, was schaue ich gerne, welche Hobbys pflege ich, welche politische Gesinnung habe ich, was für Marken finde ich toll - von den ganzen demographischen Daten wie Alter, Wohnort, Beruf, Familie mal ganz abgesehen - ein riesiger Pool an Daten von potenziellen Kunden für Unternehmen, die etwas zu verkaufen haben. Jetzt stellen wir uns eine Marketing Agentur vor, welche mit einem DinA4 Block und einem Kugelschreiber bewaffnete Mitarbeiter in die Fußgängerzone schickt, um eine Umfrage über Interessen der Nutzer durchzuführen. Diese Maßnahme erscheint geradezu steinzeitlich, verglichen mit dem Datenpool von Facebook. Und das beste - diese Facebook Daten wurden freiwillig eingegeben. Weil sich die Nutzer mitteilen möchten, mit entfernten Leuten einfach und schnell in Kontakt bleiben möchte, oder einfach nur zum Spaß an der Freude. Ein Schelm, wer nun denkt, das Facebook damit Geld verdienen könnte, möchte, würde.
Das Ziel des Spiels. Und natürlich wollen sie das, hier kommt es zum Duell mit Google. Der Vorteil von Facebook - es wird nicht nur über das zu bewerbende Thema gesucht (google.com) oder geschrieben (googlemail) - was ja alles mögliche bedeuten kann - sondern es ist aufgrund des Nutzerprofils glasklar das ich es so richtig toll finde. Beispiel: In meinem Profil führe ich mein Lieblingsbuch auf. "Das Rad der Zeit". Einen Tag später erscheint auf der rechten Seite eine Anzeige eines Spieleherstellers, welcher das besagte Buch als Spiel anbietet. Das die Erfolgschancen auf einen Besuch der Firmenwebsite bei mir weitaus höher ist, als bei einem beliebigen anderen User, ist logisch, denn eine grundsätzliche Begeisterung für das Thema ist ja offensichtlich - dank des von mir fleißig ausgefüllten Profils. Doch so schwer ist das eigentlich gar nicht bei Facebook. Da die Fans der Firmenprofile (bsp: Nestle) wunderbar aufzulisten sind, haben wir bereits eine Zielgruppe von (in diesem Fall) 220.000 Menschen, die unsere Produkte sowieso grundsätzlich toll finden. Mit welchem Werkzeug bitteschön kann ich meine Marketing Abteilung so schnell und effizient mit kaufwilligen Kunden füttern ? Mir fällt keines ein.
Vergleichen wir diese Umgebung mit der oben beschriebenen Oberfläche von Google: Diese ist alles andere als ein Freundeskreis. Vielleicht ist das der Grund, wieso Google bereits überholt wurde - Anfang 2010 gab es erstmals mehr Facebook als Google Links auf Webportale wie Yahoo. Hier kommen auch die sogenannten Meinungsführer ins Spiel, der Nachbar (also der Freund in Facebook) der sich "total damit auskennt" schickt dir einen Link. Der ist natürlich wertvoller als der einer Suchmaschine.
Die Schlußfolgerung - im übertragenen Sinne: Apple und Microsoft bauen die Autos, Google und Facebook die Straßen. Die Ziele der Fahrer sind die Unternehmen (obwohl das manche Fahrer eigentlich noch gar nicht wissen).
Nun werde ich diesen Artikel bei Facebook verlinken, dann schauen wir mal wer alles in den nächsten Tagen vorbeischaut - und fleißig auf die inhaltsbezogenen Google Anzeigen klickt. So mancher Leser dieses Artikels ist also längst Teil des oben beschriebenen Konzepts, der eine mehr, der andere weniger. Nicht das ich mich deswegen schlecht fühle. Ich bin nur ein kleiner Teile Zulieferer, einer der Plakate am Straßenrand aufstellt, damit die Fahrt nicht so langweilig wird.



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